Heimatverein Bingerbrück Bingerbrück an Rhein und Nahe - das Tor zum Mittelrhein

Der OB im Interview

Editorial

Vor uns liegen große Chancen, u.a. mit der BUGA und dem Rupertsberg. Wie diese genutzt werden, das fragten u.a. Carl Woog und ich in einem Interview mit Oberbürgermeister (OB) Thomas Feser, dessen zweiten Teil Sie hier lesen können. 

Trotz der Chancen, die auch mit der „Sozialen Stadt“ vor Ort existieren, wird es schwierig sein, diese mit überaus wenig Geld in der Stadtkasse zu nutzen. Dennoch wird es spannend sein um die künftigen Projekte im Stadtteil – auch dank Investoren und Förderungen.

Eine gute Lektüre mit dieser Ausgabe wünscht

Noel Firmenich

Federführender Redakteur „Newsletter für Bingerbrück“ und Redakteur der „Neues aus Kaltnaggisch“

Zuversichtlich und zugleich sehr ernst

Thomas Feser, OB der Stadt Bingen, im Interview

Für die aktuelle Ausgabe von „Neues aus Kaltnaggisch“ trafen die Redakteure Noel Firmenich und Carl Woog den Binger Oberbürgermeister, Herrn Thomas Feser. Sie fragten nach bei den Themen Stadtteilzentrum und -verein, Rupertsberg und die Buga, Wohnungsbau und Hauptbahnhof. Zudem erkundeten sie sich nach seinen Zielen für die jetzige Amtszeit.

Im „Newsletter für Bingerbrück“ lesen Sie folgt den zweiten Teil des Interviews. Der erste Teil erschien bereits in der „Neues aus Kaltnaggisch“. 

→ Zum ersten Teil des Interviews.

Thomas Feser ist Oberbürgermeister von Bingen. (Foto: Stadt Bingen)

Der Rupertsberg und die BUGA – Passt das zusammen?

Im ersten Teil des Interviews heißt es, dass Sie anstreben, in Bingerbrück eine Eingangssituation für die Bundesgartenschau (BUGA) zu schaffen. Gehört ein lebendiger Rupertsberg zu Ihren Ambitionen für die Gartenschau im Jahr 2029?

Generell schon, aber der Rupertsberg gehört nicht zu den offiziellen Schwerpunkten für die BUGA. Unsere Stadt Bingen ist eine der Kommunen im künftigen BUGA-Bereich, die in der Machbarkeitsstudie zur BUGA-Umsetzung als Projekt Aufnahme gefunden hat. So gehört nach dem Veranstaltungskonzept für die BUGA unser Park am Mäuseturm im letzten Drittel des Gartenschauzeitraumes zu den drei Hauptveranstaltungsorten. Zudem soll die historische Gartenanlage der Burg Klopp mit der Gartenschau ertüchtigt werden. Daher sind die Schwerpunkte eigentlich schon fixiert. Dennoch ist meine Ambition, dass am Rupertsberg ein „Mittelrhein-Besucherzentrum“ im Zuge der BUGA realisiert wird. Mit diesem Zentrum könnten sich Besucher*innen über das Mittelrheintal und die Gartenschau informieren – das soll die von Ihnen eben genannte Eingangssituation schaffen. 

Wie sehr passen der Rupertsberg rund um die Heilige Hildegard mit einer BUGA im Mittelrheintal zusammen?

Hildegard von Bingen ist ein wichtiger Teil der Historie von Bingen und Bingerbrück. Bis heute findet ihr Wirken großes Interesse und Aufmerksamkeit überregional und international. Daher finde ich, dass die historische Wirkungsstätte Hildegards und die BUGA im Mittelrheintal zusammenpassen: Beides verbindet bedeutende Geschichte – für Bingerbrück, Bingen und das Mittelrheintal. Zudem jährt sich 2029 der 850. Todestag der Heiligen Hildegard von Bingen. Außerdem bietet der Rupertsberg eine exponierte Blickbeziehung ins Mittelrheintal, auch ein Grund für ein „Mittelrhein-Besucherzentrum“.

Was muss bis zur BUGA in Bingen und Bingerbrück unternommen werden?

In Bingerbrück muss die Koblenzer Straße bis 2029 modernisiert werden. Zudem soll der lang ersehnte Kreisel an der „Darmverschlingung“ gebaut werden. Zudem ist mein Ziel, auch den sog. Stadteingang West auch ohne Autounterführung neu zu gestalten: sinnvoll bleibt nach wie vor die Bündelung der Verkehrswege, also die Verlegung der Straße „Fruchtmarkt“ an den Rhein und die dortigen Parkplätze an die Innenstadt. Wir hoffen, den Rupertsberg bis zur Gartenschau entwickelt zu haben. Der Hauptbahnhof soll nach Bahnauskunft bis zur BUGA endlich barrierefrei sein. Neben diesen Projekten gibt es auch vor Ort in Bingerbrück die „Soziale Stadt“, mit der bis 2029 einiges passieren wird. Zu nennen sind hier bspw. das Familienzentrum und der Venarey-Les-Laumes-Platz.

Wie beurteilen Sie den aktuellen Stand zur BUGA: Geht alles in einem guten Tempo voran?

Bis zur Gartenschau sind es noch etwa neun Jahre – das ist nicht viel Zeit. Die BUGA-Organisation ist im Aufbau, die Rahmenbedingungen werden derzeit geschaffen. Ich wünsche mir, dass dann mit Nachdruck die vielen Dinge, die im Mittelrheintal realisiert werden sollen, in Angriff genommen werden. Aber aktuell nimmt vieles Fahrt auf: Im August ist ein interner Termin mit dem planenden Landschaftsarchitektenbüro und dem städtischen BUGA-Arbeitskreis angesetzt; im September ist die Teilnahme des derzeitigen kommissarischen BUGA-GmbH-Geschäftsführers an der Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses geplant. 

Auf jeden Fall wird es am Rupertsberg vorangehen. Das liegt jetzt auch an einem neuen Investor. Wie verläuft die Kooperation zwischen Ihnen und Gustav Eich?

Der Austausch zwischen Herrn Eich und der Stadt Bingen verläuft gut. Ich bin damit zufrieden und zuversichtlich, dass diese weiterhin anhält. So gab es ein Gespräch zwischen Herrn Eich, dem Landkreis, der Landesarchivverwaltung und der Stadt Bingen. Das Gesprächsergebnis soll am 18. August im Kulturausschuss vorgestellt werden.

Wie wird sich der Rupertsberg in Zukunft entwickeln? (Foto: Noel Firmenich)

Ist die Sache mit dem Rupertsberg jetzt „spruchreif“?

Die Sache ist insoweit „spruchreif“, dass ich den städtischen Gremien einen Vorschlag unterbreiten kann. Angedacht ist, dass die Stadt und der Landkreis gemeinsam je zur Hälfte eine Teilfläche erwerben, um dort im Untergeschoss das Stadt- und Kreisarchiv einzurichten. Zusätzlich könnte das Erdgeschoss der Villa Würth angemietet werden. Dort, wo die noch vorhandenen Arkaden der Klosterkirche stehen, könnte ein Lesesaal für das Archiv eingerichtet werden. Ideen gibt es auch für das Gelände des Rupertsberges – wir sprachen bereits über ein Besucherzentrum. Selbstverständlich müssen Stadtrat und Kreistag all dem zustimmen. Herr Eich zeigt sich gegenüber einem Ankauf offen.

Der Wohnungsbau vorort – Bezahlbare Wohnungen in Bingerbrück?

Zunächst möchte ich Sie, Herr Feser, bitten, kurz aufzuzeigen, wie Sie zum Thema kommunale Wohnungsbaugesellschaft stehen.

Ich stehe einer kommunalen Wohnungsbaugesellschaft offen gegenüber. Meiner Meinung nach sind die aktuell geführten Gespräche mit der Ingelheimer Wohnungsbaugesellschaft und der Stadt Ingelheim gut. Wir schauen in alle Richtungen, ob weitere Partner infrage kämen. Solch eine Wohnungsbaugesellschaft kann nur in einem interkommunalen Verbund funktionieren. Daher unterstütze ich auch das Bestreben nach einer Kreiswohnungsbaugesellschaft.

Der Wohnkomplex am Kirsch-Puricelli-Platz sieht teils heruntergewirtschaftet und sanierungsbedürftig aus. Dieser Teil gehört einem der führenden europäischen Immobilienunternehmen. Wie wir es aus den Medien kennen, ist es oft so, dass diese Wohnungen nach einer Sanierung nicht bezahlbar bleiben. Die Stadt unterhält dort zwar viele Wohnungen, aber nicht alle. Was unternehmen Sie als OB für bezahlbare Wohnungen?

Die Stadt Bingen unterhält über 200 Wohnungen im Stadtgebiet mit meist günstigem Mietniveau, in Bingerbrück in fünf Gebäuden. Diese werden im Rahmen eines Gesamtkonzeptes des Amts für Gebäudewirtschaft sukzessive saniert – und sie wurden es in den vergangenen Jahren bereits: Am eben erwähnten Kirsch-Puricelli-Platz, wo wir in zwei Gebäuden städtische Wohnungen unterhalten, wurde eine zentrale Heizungsanlage eingebaut, die die bisherige Elektroheizung ersetzt. Zudem wurde dort wie in der Koblenzer Straße 44 und 46 bei jedem Wohnungsleerstand die jeweilige Wohnung u.a. mit zeitgemäßen Sanitäranlagen saniert. Das Dach der Koblenzer Straße 44 wurde wärmegedämmt, eine Dachsanierung wird noch erfolgen. In der Elisenstraße wurde zudem ein Objekt für Asylbewerber instandgesetzt. Sie sehen, dass wir als Stadt viel in unseren Wohnungsbestand und damit in bezahlbare Wohnungen investieren – trotz der sehr schweren Haushaltslage. Ferner wird es für Neubauten eine 25%-Quote für sozialen/bezahlbaren Wohnraum geben. Die Stadt verfolgt zudem das  sog. „Landauer Modell“.

Ist der eben erwähnte Missstand ein Grund, dass die Stadt den Teil des Komplexes, der ihr selbst nicht gehört, kauft, um für bezahlbare Wohnungen zu sorgen?

Bevor ich weiter auf Ihre Frage eingehen werde, möchte ich vorher grundsätzlich klarstellen: Den Bedarf an bezahlbaren Wohnungen in unserer Stadt und auch in Bingerbrück können wir normalerweise decken. Natürlich gibt es viele Nachfragen, die aber zumeist erfüllt werden können, wenn nicht durch die Stadt selbst, dann in anderen Bereichen. Zudem bestehen Fördermöglichkeiten wie Wohngeld und Hartz IV, die Wohnungen bezahlbar machen. Nun zu Ihrer Frage: Wie gesagt gibt es in unserer Stadt keinen außergewöhnlichen Bedarf, daher sehe ich für die Stadt Bingen auch nicht die Notwendigkeit, weitere Sozialwohnungen zu schaffen. Die finanziellen Hilfen (u.a. Wohngeld und Hartz IV) reichen aus. Zudem, ich habe mehrfach darauf hingewiesen, ist die finanzielle Lage der Stadt zu angespannt, um den Komplex zu erwerben und schließlich auch zu sanieren. Die Kassen sind leer und werden wegen des Coronavirus und den damit verbundenen noch zu erwartenden Steuereinbrüchen noch leerer werden. Selbstverständlich ist dennoch der heruntergewirtschaftete Zustand inakzeptabel für die am Kirsch-Puricelli-Platz wohnenden Menschen und müsste dringend behoben werden.

Der Misstand am Kirsch-Puricelli-Platz müsste nach Fesers Meinung dringend behoben werden. (Foto: Noel Firmenich)

Gibt es keine anderen Mittel, um den Missstand entgegenzuwirken, wenn es die Stadt selbst finanziell nicht kann? Sie schrieben in letzter Zeit viele Brandbriefe...

Das stimmt, leider hatte ich in letzter Zeit häufiger Anlass, solche „Brandbriefe“, wie Sie sie nennen, zu verfassen. In diesem Fall werde ich den Eigentümer anschreiben und ihn bitten, dem Missstand entgegenzuwirken. Mein Bestreben ist, dass der Kirsch-Puricelli-Platz sehr bald hoffentlich an Attraktivität gewinnen wird und die dortigen Bürgerinnen und Bürger besser wohnen werden. 

Der Hauptbahnhof – Bald barrierefrei?

Der Hauptbahnhof ist das Empfangstor unserer schönen Stadt Bingen und natürlich auch von Bingerbrück selbst. Zudem ist er der wichtigste Bahnhof der Stadt. Nicht umsonst investiert die Stadt mit einer besseren Busanbindung, dem P+R-Parkplatz und der Mobilitätsstation in den Bahnhof. Dennoch ist er ein großer Schandfleck der Stadt und des Stadtteils. Zur Bundesgartenschau sollte das anders sein. Daher schrieben Sie Ende April einen Brandbrief an Herrn Stefan Schwinn (DB Station & Service AG) und erhielten eine Antwort. Sind Sie mit seiner Antwort zufrieden? 

Ja, ich bin mit Herr Schwinns Antwort zufrieden und hoffe, dass der mir genannte Zeitplan eingehalten wird. Die Bahn ist wirklich ein schwieriger Verhandlungspartner, dennoch suchen wir natürlich ständig den Kontakt mit dem Ziel, Verbesserungen zu erreichen. Auch wenn dann letztlich einiges bei der Stadt hängenbleibt, wenn wir endlich eine Verbesserung für die Bahnreisenden erreichen wollen, ich denke hier bspw. an die Toilettenanlage des Hauptbahnhofes.

Reichen der barrierefreie Ausbau und der Neubau der Unterführung, wie es von der Bahn angestrebt ist, aus, um den wichtigsten Bahnhof unserer Stadt attraktiver zu gestalten?

Nein, natürlich reichen die Maßnahmen nicht aus. Der Bahnhof braucht einen aufwärmbaren Warteraum und mindestens einen Kiosk, das ist von einem Bahnhof dieser Größe und Bedeutung auch zu erwarten. Wir als Stadt haben bereits vieles unternommen. Aber auch angesichts der immer schwieriger werdenden Haushaltslage, müssen wir darauf setzen, dass die Bahn ihre Bahnhöfe, so auch den in Bingerbrück, endlich selbst barrierefrei ausbaut und ebenfalls modernisiert.

Der Hauptbahnhof. (Foto: Noel Firmenich)

Mit dem Pilotprojekt „Grüner Bahnhof“ baute die Bahn bisher zwei Bahnhöfe barrierefrei aus und baute das jeweilige Empfangsgebäude klimafreundlich neu auf – mit Platz für einen Kiosk, zum Warten, Toiletten und ein DB-Reisezentrum. Die Bahnhöfe wurden attraktiver und sind keine Schandflecke mehr. Wenn Sie mich fragen würden, dann trifft das Schema der „Grünen Bahnhöfe“ genau auf unseren Hauptbahnhof zu. Wie stehen Sie dazu?

Diesbezüglich kann ich mich nicht äußern, mir liegen keine Informationen zu dem Projekt vor. An dieser Stelle kann ich nur nochmals auf die schwierige Zusammenarbeit mit der Bahn und auf fehlende Investitionsmöglichkeiten seitens der Stadt hinweisen.

Die Bahn ist bei einer solchen Sache vielleicht kooperativer, wenn es für sie um ein solches Pilotprojekt geht. Die Stadt profitiert am Ende von einem durchaus schönen Bahnhof, finde ich...

Das mag zwar sein, aber ich bitte um Verständnis, dass ich schlicht froh bin, dass endlich nach Protesten, Maßnahmen und Aktionen die Binger Bahnhöfe barrierefrei und auch modernisiert werden. Damit profitiert unsere Stadt schließlich auch von besseren und durchaus schöneren Bahnhöfen – und das rechtzeitig zur Bundesgartenschau.

Herr Oberbürgermeister Feser, vielen Dank, dass Sie sich für uns die Zeit genommen haben!

Sehr gerne.

Das Interview führte Noel Firmenich in Zusammenarbeit mit Carl Woog.

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