Wo gehen wir denn hin? Mit dieser Frage des Philosophen Novalis startet die 49. Ausgabe der „Bingerbrücker und Rupertsberger Geschichten(n)“, die in diesen Tagen erschienen ist.
In dem Heft startet das Bingerbrücker Naturerlebnisbad, das 1971 als klassisches Freibad kurz nach der Eingemeindung von Bingerbrück eröffnet worden war, den Reigen der Artikel über die Vergangenheit des Stadtteils. Carl Woog beschreibt ausführlich, beginnend mit Überlegungen die bereits 1960 anfingen konkrete Gestalt anzunehmen, den Werdegang des Schwimmbades, von dem 1969 der zuständige Minister Dr. Heiner Geißler beim Spatenstich meinte, dass „dieses Schwimmbad zu den schönsten in Rheinland-Pfalz zähle werde“.
Eine Mundartgeschichte vom „Biddesheimer Schwimmbad“, von Rose Friedrich, erzählt von der kleinen Ingrid, die große Probleme mit ihrer Eintrittskarte hatte. Zu dieser Zeit gingen die Bingerbrücker in Ermangelung eines Schwimmbads meist noch in den Rhein bzw. die Kribben baden. Noel Firmenich hat in der sich anschließenden Vita des Alfons Spohn ein Leben für seine Geschäftstätigkeit im Lebensmittelbereich sorgsam recherchiert und kommt am Ende des Artikels zu dem Schluss, dass Alfons Spohn wusste, welche Bedürfnisse seine Kunden hatten und dementsprechend seine Angebote anpasste. Das und sein freundliches Wesen machten ihn zu einem beliebten Zeitgenossen, der auch in vielen Vereinen das Gemeinschaftsleben aktiv mitgestaltete.
Mittlerweile bei der 13. Folge aus der Welt von gestern sind die Bingerbrücker Heimatfreunde bei der Fortsetzung der Chronik des Rektors der Volksschule, Josef Metzroth aus der Zeit des 1. Weltkrieges – immer noch im Jahr 1916 – angekommen. Ein Schwerpunkt seiner Beobachtungen im Juni 1916 sind vor allem die Missstände in der Lebensmittelversorgung auch in der Gemeinde am Rhein-Nahe-Eck. Es beginnt eine stetige Versorgungslücke, die im „Steckrübenwinter“ des Jahres 1916 enden wird. Ein „Bingerbricker Stiggelcher – Moderne Zeiten“ aus der Feder des verstorbenen Ehrenmitgliedes Herbert Gierens, geht tief zurück in die 1920er Jahre als Autofahren nicht nur ein Privileg war, sondern auch einiges Fachwissen erforderte.
Hans Jörg Adenau hat interessante Ereignisse aus den Zeitungsartikeln der Jahre 1920 und 1970 zusammengetragen, während Jürgen Hofmann, selbst Mainzer und stellvertretender Vorsitzender des Heimatvereins, die Bombenabwürfe am 12. August 1942 auf Mainz ausführlich beschreibt. Durch eine Schenkung von Mainzer Fotoalben aus dieses Jahren werden authentische Aufnahmen gezeigt, die das Ausmaß in Mainz erahnen lassen. Hans Kayser setzt in der Reihe „Lost places“ (vergessene Orte) die spannende Auseinandersetzung mit Gebäuden fort, die in der Vergangenheit eine entsprechende Bedeutung hatten, die ihnen heute fehlt. Hans Kayser hat die Gaststätte „Ratskeller“ mit dem dazugehörigen Saalbau Gräff in akribischer Suche seit der Gründerzeit 1878 bis hin in die Gegenwart mit Inhalt gefüllt und manches schon vergessenen Ereignis ausgegraben, bis hin zu einer kurzen Zeitspanne als Kino Thalia. Ein kleiner Wermutstropfen war allerdings die Weigerung den Saal für ein Foto der Innenansicht zu öffnen. Schade, Geschichtsverständnis geht an sich anders.
(Text: Carl Woog) |